Valposchiavo Calcio hat in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung durchgemacht. Seit 2011 spielen sie konstant in der siebten Liga in der Schweiz und haben sich in dieser Liga gut behauptet. Im vergangenen Sommer haben sie zum zweiten Mal in ihrer Vereinsgeschichte den Aufstieg in die zweite Liga geschafft. Aktuell, zur Halbzeit der Saison, befinden sie sich mit 4 Siegen, 1 Unentschieden und 3 Niederlage im starken Mittelfeld der Gruppe 1. Präsident Renato Cirolo teilt Informationen über die sportlichen Erfolge und andere Neuigkeiten aus dem Verein Valposchiavo Calcio, der in der italienischsprachigen Region des Schweizer Kantons Graubünden beheimatet ist.
Renato Cirolo, Präsident von Valposchiavo Calcio im Interview mit SportJack.
Renato, kannst du uns erzählen, wie lange du bereits das Amt des Präsidenten bei Valposchiavo Calcio inne hast und wie es dazu kam, dass du diese Position übernommen hast?
Ich habe das Amt des Präsidenten von Valposchiavo Calcio im Sommer 2017 übernommen. Bevor ich Präsident wurde, war ich ab 2002, dem Gründungsjahr von Valposchiavo Calcio, Trainer der 1. Mannschaft und später Trainer in allen Junioren-Kategorien. Am Ende der Saison 2016-2017 wurde ich gefragt, ob ich nicht das Amt des Präsidenten übernehmen wolle, und da ich das gesamte Umfeld kannte, stürzte ich mich in dieses neue Abenteuer.
Valposchiavo Calcio ist im Vergleich zu grösseren Vereinen wie Chur 97 eher klein. Welche Hauptaufgaben hat der Präsident eines solchen Vereins im Puschlav? Oder anders ausgedrückt, worauf legst du als Präsident den Schwerpunkt?
Wie du so schön erwähnst, Marco, sind wir ein kleiner Fussballverein und geografisch weit von den Zentren entfernt. Immerhin konnten wir letztes Jahr die Anzahl unserer Juniorenabteilung auf ca. 150 Jungen und Mädchen fast verdoppeln. Die Aufgaben des Präsidenten sowie aller anderen Vorstandsmitglieder (wir sind fünf Personen) sind in unserem eigenen Pflichtenheft festgelegt. Wir haben kein richtiges Sekretariat und jeder führt seine Aufgaben selbständig aus. Da ich gerade das Rentenalter erreicht habe, habe ich jetzt auch die nötige Zeit, um alle Aufgaben des Präsidenten zu erfüllen. Manchmal betrachte ich mich sogar als Mädchen für alles, ohne natürlich meinen Vorstandskollegen etwas wegzunehmen, die ebenfalls mit viel Begeisterung eine grosse Menge Arbeit leisten. In meiner Funktion lege ich besonderen Wert auf gute Beziehungen zu den anderen Fussball-Vereinen, den Verbänden, den politischen Behörden und den anderen Vereinen unseres Tales. Immer wichtiger sind heutzutage natürlich auch die Kontakte mit den Medien.
Im Sommer hat die erste Mannschaft zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte den Aufstieg in die 2. Liga Regional geschafft. Welche Bedeutung hat dieser Aufstieg für dich persönlich und den Verein?
Ich hatte auch das Glück und das Privileg, beim ersten Aufstieg im Jahr 2005 dabei zu sein, damals noch als Trainer. Den Aufstieg erneut erleben zu dürfen, diesmal als Präsident, war eine unbeschreibliche Freude und belohnte uns alle (Spieler, Trainer, Vorstand) für die grossartige Arbeit, die wir geleistet haben. Um ehrlich zu sein, hat niemand mit diesem Aufstieg gerechnet, was ihn umso spannender machte.
Das Erreichen dieses Meilensteins hat uns allen vor Augen geführt, dass man mit harter Arbeit, Disziplin und vor allem mit viel Enthusiasmus und Herzblut manchmal fast unmögliche Ziele erreichen kann.
Wie ist so ein sportlicher Erfolg überhaupt möglich? Ich gehe mal davon aus, dass euer Verein keine Spielergehälter auszahlt, oder?
All diese Opfer wurden, wie du auch erwähnst, nicht durch Investitionen in die Gehälter der Spieler erreicht. Die einzigen Ausgaben für unseren Verein sind bescheidene Reisespesen für diejenigen, die von auswärts zum Training anreisen (Anreise aus dem Engadin oder aus dem Veltlin). Ansonsten gibt es keine Gehälter für unsere Spieler.
Das Fanionteam befindet sich derzeit im Mittelfeld der starken Gruppe 1 und hat bereits vier Siege erzielt. Glaubst du, dass ihr den Schwung aus dem Aufstieg mitgenommen habt und die Konkurrenz euch ernsthaft für einen erneuten Aufstieg in Betracht ziehen sollte?
Man kann sagen, dass unser Märchen weitergeht. Nach dem Sieg in der letzten Meisterschaft, mit dem wir nicht nur unsere Gegner, sondern auch uns selbst überrascht haben, sind wir ohne Angst losgefahren, obwohl wir wussten, dass das Niveau auf dem Feld wesentlich höher wäre. Wie ich bereits gesagt habe, hat sich auch unser Verhalten für dieses neue Abenteuer nicht geändert (harte Arbeit, Disziplin, Enthusiasmus), mit dem Ziel, nicht abzusteigen. Höhere sportliche Ziele für unsere Fussballrealität haben wir absolut nicht.
In vielen Vereinen in der Ostschweiz werden immer noch Spielergehälter im Breitensport gezahlt. Wie stehst du zu solchen Praktiken, und welche Ratschläge würdest du diesen Vereinen geben?
Meiner Ansicht nach sollte es auf unserem Niveau keine Spielergehälter geben. Unsere Vereine sollten so viel wie möglich im Juniorenbereich investieren. Die Ausbildung der Trainer der verschiedenen Fussballschulen ist die Grundlage dafür, dass sich die Jungen und Mädchen sowohl sportlich als auch charakterlich weiterentwickeln. Unsere Junioren müssen unbedingt von kompetenten Leuten betreut werden, nur so haben unsere Vereine eine Zukunft.
Viele Vereine nutzen die lange Auswärtsfahrt ins Puschlav als Tagesreiseziel und reisen mit Bussen voller Fans an. Kannst du uns etwas über die Ortschaft und die Atmosphäre bei Heimspielen erzählen? Hat euer Team einen Vorteil, weil die Gegner so weit reisen müssen?
Im Vergleich zur 3. Liga ist es schön zu sehen, dass die gegnerischen Mannschaften mit Bussen anreisen, die von mehreren Fans begleitet werden. Dadurch entsteht während der Spiele eine sehr gute Atmosphäre zwischen den beiden Fans-Gruppen. Ich möchte noch hinzufügen, dass unsere treuen Fans, durch ihre Unterstützung und Begeisterung während des Spiels vielmals die Spieler der gegnerischen Mannschaften positiv beeindrucken. Die Tatsache, dass diese Fussballspiele Menschen von anderen Regionen der Ostschweiz in unser wunderschönes Tal führen, ist sicher ein Mehrwert für das Valposchiavo und eine geografische und kulturelle Bereicherung für die Menschen, die diese Auswärtsspiele unternehmen. Sicherlich leiden die gegnerischen Mannschaften, die nach einer mehrstündigen Reise im Valposchiavo ankommen, ein wenig darunter. Es darf aber nicht vergessen gegangen, dass unsere Spieler die langen Reisen alle zwei Wochen und nicht nur einmal währen der ganzen Saison auf sich nehmen müssen.
Nach dem sportlichen Erfolg der ersten Mannschaft zeigt auch die zweite Mannschaft derzeit sehr gute Leistungen und führt die Tabelle in der 5. Liga/Gruppe 1 an. Verfolgt ihr klare Ziele mit den Aktivteams oder steht der Spass am Fussball im Vordergrund?
Während unsere erste Mannschaft in der letzten Saison aufsteigen konnte, musste unsere zweite Mannschaft aufgrund der Unerfahrenheit in die 5 Liga absteigen. Im ersten Teil der neuen Saison stehen die Spieler der zweiten Mannschat jedoch wieder im Rampenlicht und werden hoffentlich im Frühjahr an diese Leistung anknüpfen und vielleicht sogar wieder den Aufstieg in die 4 Liga schaffen. Neben den sportlichen Ergebnissen stehen jedoch sowohl bei den aktiven Mannschaften als auch im gesamten Juniorenbereich- Spass, Kameradschaft, Disziplin und der Wunsch, gemeinsam zu wachsten, im Vordergrund.
Was zeichnet Renato Cirolo als Person aus und gibt es besondere Eigenschaften oder Merkmale, die du in den Verein mitbringst?
Ich fühle mich geehrt und stolz, Präsident eines Vereins wie Valposchiavo Calcio sein zu dürfen. Ich bin mir aber auch bewusst, dass ich Verantwortung tragen muss. Ich habe jedoch das Glück, mit fantastischen Menschen zusammenarbeiten zu dürfen, die meine Leidenschaft voll und ganz teilen und mir immer zur Seiten stehen. Kürzlich habe ich bei einem Treffen mit den aktiven Teams zu den Jungs gefragt: “Wisst ihr, wer im Moment die wenigsten Probleme im Verein hat?“ Meine Antwort war „der Präsident, weil alles reibungslos läuft“. Wenn du mich nach einer meiner Eigenschaften fragst, antworte ich einfach mit „grosser Leidenschaft für den Fussball“.